Architekturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts |
Der Architekt Ferdinand Keilmann im Systemwandel des 20. Jahrhunderts | |||||
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4. Die Akteure | 5. Ferdinand Keilmann - Ein Architektenleben 1 | 6. Ein Architektenleben 2 | 7. Ein Architektenleben 3 | ||
8. Ein Architektenleben 4 | 9. Ein Architektenleben 5 | 10. Eine typische Karriere? | 11. Literatur | ||
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IV. Ferdinand Keilmann - Ein Architektenleben (Teil 3)IV.8. Pläne für die EwigkeitAm 1. Juni 1940 trat Ferdinand Keilmann seine neue Arbeitsstelle im Büro von Dr.-Ing. Herbert Rimpl[1] an. Auch hier liegen die Hintergründe für die Anstellung im Dunkeln, ebenso die rechtliche Grundlage der Beschäftigung. Es ist nicht auszuschließen, daß Rimpl und Keilmann sich im Zusammenhang mit der Planung für die Wohnsiedlung Stahnsdorf durch die Brandenburgische Heimstätte GmbH kennengelernt haben, da diese eine Wohnsiedlung im Rahmen der Bauten für die Luftfahrtindustrie für die Firma Bosch war und Rimpl im Rüstungsbau vielfältiges Engagement zeigte. Keilmann hat in seinen verschiedenen Lebensläufen ab dieser Zeit mehrmals von einer Tätigkeit „in eigener Praxis“ gesprochen; es ist also zu vermuten, daß er im Büro Rimpl als freier Mitarbeiter angestellt war. Gerade die Information über eine Festanstellung oder über die Beschäftigung Keilmanns als Honorarkraft könnten Aufschluß über seinen Austritt aus der Deutschen Arbeitsfront (DAF) zum 24. August 1940 liefern. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß Keilmann ab 1940 bis zum Ende des Krieges Mitglied der „Reichskammer der bildenden Künste“ war. Diese Mitgliedschaft legt die Vermutung nahe, daß Keilmann bei Rimpl als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis beschäftigt war.[2] Somit war kein Arbeitnehmerverhältnis mehr gegeben, welches die Mitgliedschaft in der DAF erforderlich gemacht hätte. Es steht außer Zweifel, daß unter anderen Umständen ein Austritt aus dieser Organisation im gesellschaftlichen Klima des Nationalsozialismus schwerwiegende Konsequenzen hätte nach sich ziehen können.Rimpl war als Regierungsbaumeister „Beauftragter Architekt des Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“[3] und unterhielt sowohl in Berlin als auch im gesamten Reichsgebiet verschiedene Büros; unter anderem war er verantwortlicher Leiter der Planung der Reichswerke Hermann Göring (Stadtplanung Salzgitter). Im Auftrag des Rüstungsministeriums führte er Planungen für die Krupp-Werke, für Industrieanlagen in Frankreich, unterirdische Produktionsverlagerungen (u.a. Mittelwerk Dora, Thüringen[4]) durch und leitete die Prüfstelle für Großbauvorhaben der Rüstungsindustrie (Überarbeitung sämtlicher Bauvorhaben der Rüstungsindustrie über 1 Million RM). Gleichzeitig war er Beauftragter der Forschungsstelle des Reichswohnungskommissars (Typung, Normung, Landschaftsgebundenes Bauen). Rimpl gehörte ab 1944 zu Speers Arbeitsstab Wiederaufbauplanung. Aufgrund dieser umfangreichen Aufgaben und noch einiger hier nicht genannter, galt er als der Architekt mit den umfangreichsten Aktivitäten im Nationalsozialismus. Seine Büros umfaßte in Spitzenzeiten über 700 Mitarbeiter. Durch die enge Verbindung zum GBI hatte Rimpl die Möglichkeit, zumindest einen Teil seiner Angestellten weit über Tarif zu bezahlen. Dies könnte auch ein Grund für Keilmanns Stellenwechsel gewesen sein. Der Arbeitsplatz von Keilmann befand sich in Rimpls „Privatatelier“ in der Hildegardstraße Nr. 5 in Berlin-Wilmersdorf. Aufgabe der Mitarbeiter dieses Büros war in erster Linie die Planung von Bauten für die Umgestaltung der Reichshauptstadt Berlin. Diese Umgestaltungspläne waren seit Jahren im Gange, für verschieden Projekte waren eine Vielzahl von Gebäuden bereits abgerissen und für den Wohnbedarf von ca. 50.000 Bauarbeitern waren unter der Leitung von Speer tausende jüdische Familien aus ihren Wohnungen vertrieben worden.[5] Das größte und bedeutendste Projekt des Büros war die Planung des Südbahnhofs der „Nord-Süd-Achse“ in Berlin. Dieser sollte als südlicher Abschluß einer ca. sieben Kilometer langen Prachtstraße dienen, die quer durch die Stadtviertel Tiergarten und Schöneberg geschlagen werden sollte. Ziel war es, einen Durchgangsbahnhof zu schaffen, der in seiner Größe und Funktionalität allen existierenden Bahnhöfen überlegen sein sollte. Ein weiteres Projekt im Zusammenhang mit der Neugestaltung Berlins war der „Achteckige Platz“, der nordwestlich des Südbahnhofs angelegt werden sollte. Über die Planungen für die Nord-Süd-Achse hinaus wurden im Privatatelier unter anderem die Wettbewerbsarbeiten für das Verwaltungsforum Braunschweig und für die Hochschulstadt Berlin[6] entworfen. Bezüglich der Planungen für Braunschweig vermerkte das Ratsprotokoll der Stadt für den 9. Juni 1941 unter Punkt 4: „Wettbewerb
über das neue Forum. Berichterstatter: Oberbaurat
Dr. Piepenschneider.
Oberbaurat Dr. Piepenschneider führte aus, daß der Oberbürgermeister zur Errichtung eines neuen Forums am 21. April 1941 einen engeren Wettbewerb ausgeschrieben und 6 namhafte Architekten aufgefordert hat, sich an dem Wettbewerb zu beteiligen. Die Richtlinien zur Teilnahme an diesem Wettbewerb wurden von Oberbaurat Dr. Piepenschneider verlesen. Der Präsident der Reichskulturkammer hat dem Wettbewerb zugestimmt. Wortmeldungen lagen nicht vor.“[7] Geplant war die Errichtung eines gewaltigen Gebäudekomplexes auf dem Gelände des alten Hauptbahnhofs, der als Kopfbahnhof nicht mehr den modernen Anforderungen entsprach und deswegen verlegt werden sollte. Braunschweig erhoffte sich durch den Bau des Forums wahrscheinlich die Erhaltung der Chance, den an Salzgitter verlorenen Status als Gauhauptstadt zurückzuerhalten.[8] Die fertigen Entwürfe der (außer Rimpl nicht bekannten) Architekten sollten bis zum 15. Dezember 1941 eingereicht werden.[9] Für den 23. März 1942 vermerkte das Ratsprotokoll eine Besichtigung der Ergebnisse; das weitere Vorgehen der Stadt ist nicht bekannt, da die anschließenden Protokolle durch Kriegseinwirkung verloren gingen. Die Stadt Braunschweig hatte durch persönliche Differenzen zwischen dem Gauleiter Klagges und Adolf Hitler keine Aussicht, Gauhauptstadt zu werden; diese Funktion sollte die neugeschaffene „Stadt der Herman-Göring-Werke“, das heutige Salzgitter übernehmen. Um trotzdem einen Verwaltungsneubau im Stil der geplanten Gauforen zu erhalten, richtete dieStadt einen geschlossenen Wettbewerb aus, zu dem sechs namhafte Architekten eingeladen wurden. Der Entwurf Rimpls hatte die Form zweier eckiger Klammern, die einen zentralen Kuppelbau umschlossen. Gesamtlänge des Gebäudekomplexes war über 600 Meter, die Errichtung war auf dem Gelände des ehemaligen Hauptbahnhofs vorgesehen. Welcher der sechs Entwürfe von den Braunschweiger Verantwortlichen favorisiert wurde, ist heute nicht mehr feststellbar. Da das Berliner Südbahnhof-Projekt bis 1943 in der Zuständigkeit des GBI als vordringliche Aufgabe zur Durchführung direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs galt, wurden die beteiligten Architekten vom Wehrdienst freigestellt. Diese sogenannte „Uk-Stellung“ ging auf einen Schriftverkehr zwischen Ministerial-Direktor Erwin Bohr beim GBI und Rimpl zurück. Der Schriftverkehr ist besonders interessant, da er die Wichtigkeit der Planungen, die in der Hildegardstraße durchgeführt wurden, herausstellt. Im Schreiben von Bohr an Rimpl vom 13. Januar 1941, welches als „Streng vertraulich!“ bezeichnet ist, hieß es: "Aufgrund
eines Schriftverkehrs, der zwischen der Adjutantur
der Wehrmacht beim Führer und dem OKW (der Wehrmacht, d.
Verf.geführt worden ist,
dürfen Angehörige Stabes(im Originalsofern sie heute
der Wehrmacht noch nicht angehören, nur mit
Zustimmung des
Führers einberufen werden.
Wegen der Ihnen im Rahmen der Neugestaltung deutscher Städte übertragenen Aufgaben beabsichtige ich, diese Verfügung auch auf diejenigen Architekten ihres Büros auszudehnen, die Sie für diese Zwecke unbedingt benötigen.“[10] Als Antwort des Büro Rimpl wurde dem GBI zum 20. Januar 1940 eine Liste mit 13 Mitarbeitern des Büros Hildegardstraße übermittelt, von denen 12 für die Uk-Stellung[11] in Frage kamen; zu diesen Personen war zusätzlich jeweils ein Fragebogen ausgefüllt an den GBI gegangen. Nach Bearbeitung dieser Fragebögen durch die zuständigen Wehrbezirkskommados wurden zwischen April und Mai 1941 zunächst diese 12 Mitarbeiter längerfristig Uk-gestellt.[12] Die Leitung des Büros in der Hildegardstraße wechselte zwischen 1941 und 1943. Für den Januar 1941 war als Büroleiter zunächst der Architekt Walter Reitz[13] erwähnt, bereits im Juni des Jahres hatte Emil Kleinschmidt[14] diese Funktion übernommen. Auch Keilmann konnte in der Hierarchie aufsteigen, Rimpl führte dazu aus: „Durch
seinen [...] lauteren Charakter und seine unbestechliche
Art konnte ich ihn zum stellvertretenden Bürovorsteher
einsetzen. Als solchem
oblag ihm die disziplinarische Aufsicht im Büro.“[15]
Die Tätigkeiten im Büro waren nicht unbedingt klar verteilt, jedoch hatte jeder der Anwesenden spezielle planerische Fähigkeiten, nach denen die einzelnen Teile von zu planenden Projekten auf die Mitarbeiter verteilt wurden. Da Keilmann sich schon bei vorherigen Aufgaben als Spezialist für Perspektivenzeichnungen empfohlen hatte, war dies auch bei Rimpl eine seiner Aufgaben. Aus einem Gesprächsprotokoll zwischen Herbert Rimpl, Albert Speer und Oberbaurat Hans Stephan geht hervor, daß er innerhalb Südbahnhofplanung für das Zeichnen von Grundrissen, Schnitten und Stützen der Bahnsteighalle alleine und für die Gestaltung der Eingangshalle des Südbahnhofs gemeinsam mit Bienemann und einem neuen Mitarbeiter namens Skujin verantwortlich war.[16] Die Zeit im Büro Rimpl beschränkte sich für die Mitarbeiter nicht nur auf die übliche Planungsarbeit. So war Keilmann zusammen mit Kollegen und vermutlich Rimpl selbst im Oktober 1941 für mehrere Tage nach Prag gereist; eine anschließende Studienreise nach Paris war ebenfalls vorgesehen.[17] Ziel war das Bestreben von Speer und Hitler, daß die Gestaltung der Reichshauptstadt Berlin allen anderen großen Hauptstädten der Welt in allen Belangen architektonisch „überlegen“ sein sollte.[18] In Prag sollte zu Studienzwecken die Stadt besichtigt werden, gleichzeitig wurde Rimpl der Auftrag in Aussicht gestellt, in der Nähe von Prag einen großen Rüstungsbetrieb mit zugehörigem Bau einer neuen Wohnstadt für die Arbeiter zu errichten. Weder diese Industrieanlage mit zugehöriger Stadt noch die angekündigte Parisfahrt wurden realisiert.[19] Die Pflege der Kameradschaft im Büro Rimpl wurde ebenfalls nicht vernachlässigt, am 9. Juni 1941 fand ein erster Gefolgschaftsabend für die Mitarbeiter statt.[20] Keilmann wird an diesem Abend sicherlich mehr als eine Runde ausgegeben habe, war er doch 10 Tage zuvor Vater seines ersten Sohnes Ferdinand geworden.[21] Wahrscheinlich ist auch dieser Gefolgschaftsabend nicht der einzige geblieben, sowenig wie es in der Familie Keilmann bei einem Sohn blieb. Eineinhalb Jahre später, am 3. November 1942 wurde als zweiter Sohn mein Vater Manfred geboren. Kurz vor der Geburt des zweiten Sohnes wurde Keilmann mit den menschenverachtenden Randerscheinungen bei der Umgestaltung Berlins konfrontiert. Die Räumung von Judenwohnungen, die in die Zuständigkeit des GBI fiel, sollte in erster Linie für die im Zuge der Abrisse ganzer Stadtviertel erforderliche Umsiedlung von Volksgenossen und für die Unterbringung der notwendigen Zahl an Bauarbeitern mit ihren Familien erfolgen. Allerdings nutzten sowohl die engeren Mitarbeiter des GBI und als auch die seiner beauftragten Architekten häufiger die Möglichkeit, sich selbst neue Wohnungen zu sichern. Keilmann bekam eine Wohnung am „Bayerischen Platz“ angeboten und Eva Keilmann berichtete zu der Besichtigung: „Wir
kamen in die Wohnung hinein, und die war voller Menschen.
Alle Räume waren überfüllt; selbst in der
Besenkammer stand noch ein Sessel,
auf dem jemand schlafen sollte. Natürlich war uns absolut
klar, daß die
Bewohner Juden waren. Nachdem ich die Wohnung gesehen hatte, konnte ich
da
nicht einziehen. Ich hätte immer die vielen Menschen vor Augen
gehabt.“[22]
Obwohl die angebotene Wohnung nur wenige Schritte von Ferdinands Arbeitsplatz entfernt und erheblich größer als die bisherige war, verzichtete die Familie auf den Umzug und blieb in der etwas außerhalb liegenden Siemensstadt wohnen. Die Sicherheit des Arbeitsplatzes bei Rimpl hielt jedoch nicht an, der Kriegsverlauf war nicht erfolgreich genug. Im Mai 1942 wurden mindestens vier Arbeitskollegen zur Wehrmacht eingezogen. Es zeichnete sich ab, daß selbst die Planungen für den Südbahnhof, der mit als erstes Projekt der Nord-Süd-Achse nach Kriegsende umgesetzt werden sollte[23], als nicht kriegswichtig eingestuft werden würde. Gleichzeitig wurde von Seiten der Wehrmacht der Druck erhöht, Personen, die bisher Uk-gestellt waren, zum Kriegsdienst heranzuziehen. Hierzu hatte Hitler den „General z.b.V. von Unruh“[24] eingesetzt, dessen Stab alle Betriebe und Behörden auf ungerechtfertigte UK-Stellungen durchforsten sollte. Ministerialdirektor Bohr vom GBI warnte Rimpl persönlich vor dieser Überprüfung und übernahm die Verantwortung für die Freistellung der Mitarbeiter, die überwiegend für den GBI tätig waren. Alle anderen Mitarbeiter sollten anschließend vom Stab des General gesondert erfaßt werden.[25] Vor der sich abzeichnenden Einstellung der Arbeiten am Südbahnhof zog Keilmann im Dezember 1942 die Konsequenzen und kündigte sein Arbeitsvertrag bei Rimpl. Dieser schrieb anschließend in Keilmanns Zeugnis, daß er „ein unentbehrlicher Mitarbeiter“[26] gewesen sei und „im Zusammenhang mit der kriegsbedingten Einschränkung des Arbeiteinsatzes für das von ihm bearbeitete Bauvorhaben [...] mein Büro auf eigenen Wunsch (verließ).“[27] VI.9. Typung, Normung, BehelfsheimplanungNach dem Ausscheiden aus dem Büro Rimpl erlangte Keilmann bruchlos eine neue Anstellung in der „Deutschen Akademie für Wohnungswesen e.V., Forschungsstelle des Reichswohnungskommissars zur Erzielung von Höchstleistungen im Wohnungs- und Siedlungswesen“ (DAW).[28] Diese Einrichtung war aus der schon jahrzehntelang existierenden „Deutschen Gesellschaft für Wohnungswesen e.V., Forschungsstelle beim Reichsarbeitsministerium für Fragen des Wohnungs- und Siedlungswesens“ (ehem. „Deutscher Verein für Wohnungsreform“) hervorgegangen. Nach dem Führererlaß „Zur Vorbereitung des deutschen Wohnungsbaues nach dem Kriege“ vom 15. November 1940 wurde die Umwandlung durch die Mitgliederversammlung zum 26. August 1941 einstimmig beschlossen. Hintergrund war die Neuorientierung im Wohnungsbau, die auf eine Rationalisierung abzielte. Zweck der Akademie war,„durch
wissenschaftliche und praktische Untersuchungen, durch
Aufklärung in Wort und Schrift, Schaffung und
Förderung von Organisationen und
durch andere geeignete Mittel auf Höchstleistungen im
deutschen Wohnungs- und
Siedlungswesen hinzuwirken.“[29]
Dr. Robert Ley[30], als Stabsleiter der NSDAP und Leiter der Deutschen Arbeitsfront einer der Personen im Reich, die mit der größten Machtfülle ausgestattet waren, leitete in seiner am 15. November 1941 neu geschaffenen Funktion des „Reichskommissars für den sozialen Wohnungsbau“ (RKSW) eine der Grundströmungen zur gesellschaftlichen Neugestaltung nach dem Krieg.[31] Bei dieser Neugestaltung spielte unter anderem die Wohnsituation der (erwarteten) heimkehrenden Soldaten[32] und der Arbeiterschaft eine entscheidende Rolle, da man sich noch sehr gut an die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit des Ersten Weltkriegs erinnerte. Durch eine neue Initiative für den sozialen Wohnungsbau sollten die befürchteten Unruhen vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist der Begriff des „Sozialen Wohnungsbau“ genauer zu betrachten, da dieser heute eine andere Bedeutung hat als zu Zeiten der nationalsozialistischen Herrschaft. Versteht man in der Bundesrepublik Deutschland unter sozialem Wohnungsbau die Erstellung von Wohnungen mit Hilfe staatlicher Förderung bzw. billigen Baudarlehen, mit denen einkommensschwache Familien mit bezahlbarem Wohnraum versorgt werden[33], so stand bei den Nationalsozialisten eine grundlegend andere Zielsetzung im Vordergrund. Ziel sollte sein, daß die deutsche Bevölkerung durch eine „gesunde“ politische Gestaltung der Wohnungen, Häuser und Siedlungen ein „Heimatgefühl“ entwickeln sollte, durch das eine Identifikation mit Ort und Arbeit erreicht werden und schließlich die erwarteten Effekte „Leistungssteigerung“ und „Kindersegen“ eintreten sollten.[34] Der Geschäftsführer des RKSW, Dr. Hans Wagner[35], führte auf der Gründungsversammlung der „Deutschen Akademie für Wohnungswesen e.V.“ aus, daß „Dr.
Ley die Absicht habe, die neue „Deutsche Akademie
für Wohnungswesen“
als die „Sprechbühne für die
Fachkräfte“ auf dem Gebiet des Wohnungswesens zu
proklamieren, und zwar sei hierfür der erste Jahrestag
für das Ergehen des
Führererlasses zur Vorbereitung des Deutschen Wohnungsbaues
nach dem Kriege,
der 15. November 1941, vorgemerkt.“[36]
Zuvor hatte der Präsident der DAW, Pfeil, dem RSWK bzw. dessen Geschäftsführer Wagner, die „Gesellschaft für Wohnungswesen“ zur Verfügung gestellt, woraufhin dieser beschloß, die Forschungsaufgaben einiger Abteilungen des Reichskommissariats auf die neuzuschaffende Akademie zu übertragen.[37] Die Akademie war in sechs verschiedene Abteilungen gegliedert, die jeweils eigenständig ihre Aufgaben erfüllten. Zu diesem Zweck hatte jede Abteilung einen eigenen Abteilungsleiter, dessen Stellvertreter und einen Geschäftsführer.[38] Wenn sachlich notwendig, wurden die Abteilungen noch in Gruppen unterteilt. Die Aufgaben der Abteilungen waren Wohnungsbaupolitik (Abt. I), Wohnungsbestandpolitik (II), Siedlungsplanung (III), Baustoffe (IV), Typung, Normung, Baukonstruktion (V) und Wirtschaftliche Fertigung (VI).[39] Keilmann arbeitete in der Gruppe E der Abteilung V der DAW und hatte die Funktion eines stellvertretenden Gruppenleiters. Der Leiter der Abteilung war Professor Dr. Ing. Hans Spiegel, dessen Stellvertreter war Regierungsbaumeister Leopold Sautter, als Geschäftsführer fungierte Oberingenieur Alfred Stark. Gruppenleiter und direkter Vorgesetzter von Keilmann war der Architekt Johannes Jacob, der schon seit April 1941 der Stellvertreter von Spiegel im Hauptreferat „Gebäudeplanung“ des RKSW gewesen war[40] und mit diesem zusammen in die DAW gewechselt hatte. Aufgabe der Gruppe E war zunächst die Sammlung und Auswertung von Landschaftsbauformen, die Festlegung von Häuserlandschaften sowie die Gestaltung ländlicher und städtischer Wohngebäude. Zu diesem Zweck wurden Erfahrungsgemeinschaften gegründet, in denen bekannte Architekten aus dem gesamten Reichsgebiet beteiligt waren.[41] Mit dem Führererlaß vom 13. Januar 1943[42] zur Einstellung der für den zukünftigen Friedenswohnungsbau laufenden Arbeiten mußte die Abteilung einen Großteil der laufenden Forschungen einstellen. Der Jahresbericht 1943 der DAW berichtet davon, daß „einige Arbeiten [...] sofort unterbrochen werden (konnten), bei anderen war naturgemäß eine gewisse Abschlußzeit notwendig.“[43] Weiter heißt es, daß der größte Teil der Arbeiten, die eine Abschlußzeit erforderten, zum Ende des ersten Quartals, der Rest zum Ende des zweiten Quartal 1943 beendet war.[44] Die Aufgabe der Gruppe E gehörte zu den Arbeiten, die mit als letzte abgeschlossen wurden. Keilmann war als stellvertretender Gruppenleiter zum Arbeitsbereich „Rohbau“ tätig, in dem „Untersuchungen über Viellochziegel und großformatige Ziegel, über Steinnormung, Deckenbauweisen und Montagedach-Bauweisen und über Leichtbeton“[45] angestellt wurden. Insgesamt ging es um die „Aus-bildung von Konstruktionen und Normen der Rohbauarbeiten des Wohnhauses.“[46] Die Ergebnisse der Arbeit der gesamten Abteilung Typung, Normung, Baukonstruktion seit Gründung der DAW im November 1941 sollte in Zusammenhang mit der vorläufigen Einstellung der Arbeiten dem Reichswohnungskommissar Ley zum Jahresabschluß 1943 überreicht werden. Dazu wurden alle erarbeiteten Zeichnungen und schriftliche Ausarbeitungen, unabhängig davon, ob es sich um fertige Normblätter oder nur Entwürfe handelte, in fünf Exemplaren gebunden; jedoch kam es nicht mehr zur Übergabe. Durch einen Bombentreffer im November 1943 auf das Bürogebäude der DAW in der Berliner Moltkestraße wurde die gesamte Zeichenregistratur der Akademie vernichtet, die Arbeit von zwei Jahren ging in Flammen auf.[47] Der Krieg und die nationalsozialistischen Greueltaten rückten näher an Ferdinand Keilmann heran. Bei einem Spaziergang mit seiner Familie im Sommer 1943 konnten sie am Güterbahnhof Halensee beobachten, wie große Menschenmengen in Güterwagen verladen wurden. Auf die Frage seiner Frau, was das zu bedeuten habe, antwortete er, „daß uns das gar nicht interessiert.“[48] Über diesen Vorfall wurde in der Zukunft kein Wort mehr verloren. Gleichzeitig veranlaßten die immer stärker werdenden Bombenangriffe auf Berlin die Familie, sich über eine Evakuierung zumindest von Eva Keilmann und den beiden Kindern Gedanken zu machen. Im August 1943 war es schließlich soweit, Keilmann brachte seine Frau und Kinder zu seinen Eltern nach Aschaffenburg. Noch während er sich mit ihnen dort aufhielt, wurde die Berliner Wohnung durch einen Bombentreffer auf ein neben dem Wohnhaus liegendes Gebäude schwer beschädigt und unbewohnbar.[49] Bei seiner Rückkehr setzte er zunächst die Sicherung seines Hausstandes fort, die sein Bruder Wilhelm während seiner Abwesenheit schon begonnen hatte und fand schließlich Unterkunft bei der befreundeten Familie Noelle. Auch beruflich trat eine neue Situation ein. Im Juli 1943 wechselte Keilmann innerhalb der DAW in die Planung des „Behelfswohnheim des deutschen Wohnungshilfswerks“, der sogenannten „Ley-Laube“. Dieses entstand in Konkurrenz zur parallel erfolgenden Behelfswohnheimplanung unter Ernst Neufert. Auf diesem Weg begegnete Keilmann seinem ehemaligen Lehrer und Arbeitgeber wieder. Neufert war bereits 1938 von Albert Speer zum Beauftragten für Normungsfragen ernannt worden, die Aufgabe zur Gestaltung eines Behelfswohnheims erhielt er ebenfalls direkt von Speer.[50] Im Zuge dieser, für die Organisationsstruktur der Nationalsozialisten so typischen parallelen Entwicklung ergaben sich einige Reibungspunkte zwischen der DAW und Neuferts Büro; Grund dafür waren neben der fachlichen Konkurrenz und dem Kampf um Einfluß personelle Überschneidungen zwischen beiden Arbeitgebern.[51] Da sich im Laufe des Jahres 1943 die von Neufert vorgelegte Planung des „Kriegseinheitstyps“ als zu aufwendig für einen Behelfsheimbau herausstellte (es waren ca. 25.000 dieser Holzhütten gebaut worden), kam nun der Entwurf für den „Reichseinheitstyp 001“ der DAW zur Ausführung. Ein solches Bauwerk sollten keine lange Lebensdauer besitzen. Spiegel führte dazu in der Zeitschrift „Der Wohnungsbau in Deutschland“ aus: "Stört
es [das
Behelfsheim, der Verfasser] den Ortsplan nicht [...], so
mag
im Frieden das
Behelfsheim bleiben und als Schuppen oder Kleintierstall oder zur
Unterbringung
von ausländischen Arbeitern [sic!] Verwendung
finden“.[52]
Die angestrebte Zahl 1 Million produzierter Behelfsheime noch im Jahr 1944 wurde bei weitem nicht erreicht; wahrscheinlich wurden bis Kriegsende nur 300.000 Stück fertig gestellt.[53] Keilmann reichte am 31. Januar 1944 seine Kündigung bei der DAW zum 31. März 1944 ein. Er begründete dies mit einer Aussicht auf Anstellung als Architekt in einer Entwurfsabteilung, in der er sein „schöpferisches und künstlerisches Schaffen voll auswerten“[54] könne. Er bat darum, „diesem
Arbeitsplatzwechsel in beiderseitigem Einverständnis keine
Schwierigkeiten machen zu wollen, da sonst mein Fortkommen sehr
behindert
würde.
Heil Hitler!“[55] Daß er zum Zeitpunkt seiner Kündigung bereits eine neue Arbeitsstelle sicher hatte, erscheint unwahrscheinlich, da er am 28. Februar, also einen Monat vor offizieller Beendigung seiner Tätigkeit bei der DAW eine Bewerbung an den Generalbaurat Prof. Dr. Wilhelm Kreis richtete.[56] Dieser hatte in der Bauwelt, Heft 29/30 des Jahres 1943[57] ein Inserat für die Einstellung eines Architekten aufgegeben. Als Referenzen gab Keilmann in seiner Bewerbung „Oberbaurat Vogt, Stadtbauamt Aschaffenburg“, „Prof. Dr. Schultze-Naumburg, Naumburg/Thüringen“ und „Prof. Dr. Herbert Rimpl, Berlin“ an und erwähnte, daß er die Zustimmung der Akademie zum Arbeitsplatzwechsel sicher habe. An den sieben Zeugnissen in der Anlage konnte es nicht liegen, daß Keilmann nicht eingestellt wurde – diese waren alle einwandfrei. Entweder hatte er sich in der Auswahl der Referenzen vergriffen oder die besagte Stelle war bereits anderweitig besetzt worden.[58] Zu weiteren Bewerbungen kam es nun nicht mehr; Keilmann erhielt die Aufforderung, Ende April 1944 in der Kaserne der Panzer-Artillerie-Aus-bildungskompanie Stahnsdorf seinen Kriegsdienst anzutreten. Keilmann war von der Einberufung völlig überrascht, da er aufgrund seiner körperlichen Verfassung von seiner Wehruntauglichkeit überzeugt war; so hatte er noch am 12. April die Geschäftsführung der DAW ersucht, ihn zur Behandlung seines Ohrenleidens und eines chronischen Stirnhöhlenkatarrhs für die restliche Beschäftigungszeit unter Gehaltsverzicht von der Arbeit freizustellen.[59] Ein Berliner Arzt hatte die Freistellung mit der Begründung befürwortet, daß ein Aufenthalt in klimatisch günstigeren Bedingungen unbedingt eine Linderung bringen würde. „Zufälligerweise“ hatte der ausgewählte Spezialist für die zukünftige Behandlung, ein Dr. Gollas, seine Praxis in Mainz, von wo es nicht allzu weit nach Aschaffenburg war, dem Ort, wo sich Keilmanns Familie zu diesem Zeitpunkt noch aufhielt.[60] Der zweite „Zufall“ wollte es, daß dieser Dr. Gollas ein alter Freund Keilmanns war und nach Aussage von Eva Keilmann sicherlich jedes Attest ausgestellt hätte. VI.10.Kurzes Intermezzo – Drei Monate WehrmachtAm 27. April 1944 wurde Keilmann zur Panzer-Artillerie-Ausbildungs-kompanie Nr. 4[61] nach Stahnsdorf bei Berlin eingezogen. Eine Vermutung, daß seine Einberufung etwas mit seiner inzwischen abweisenden Haltung zur NSDAP zu tun gehabt haben könnte, hegte schon sein ehemaliger Arbeitskollege Emil Kleinschmidt; jedoch gab es für diese Vermutung keine Beweise.[62] Das Kasernengelände lag (und liegt) Zaun an Zaun zu der Siedlungsanlage der Brandenburgischen Heimstätte GmbH, deren Bau er zwischen 1939 und 1940 geleitet hat. Keilmann war zwar in der Musterung, die wahrscheinlich routinemäßig im Jahre 1939 vorgenommen wurde, als Ersatzreserve II eingestuft worden; durch die jetzige Schaffung neuer Tatsachen wurde er gezwungen, seine Untauglichkeit unter Beweis zu stellen. Direkt nach seiner Einberufung stellte er den ersten Antrag auf Überprüfung seiner gesundheitlichen Befähigung zum Wehrdienst. Während die folgenden Untersuchungen einige Zeit in Anspruch nahmen, hatte er nur wenig Möglichkeiten, sich der Ausbildungsroutine zu entziehen. Laut der Aussage Eva Keilmanns wurde er beispielsweise häufiger dazu gezwungen, die marschierende Einheit im Laufschritt mit hoch erhobenem Gewehr zu umrunden. Ursache für Disziplinarmaßnahmen dieser Art war die Ansicht der Ausbilder, es hier mit einem „Simulanten“ zu tun zu haben. Da nicht nur die Ausbilder, sondern auch die „Kameraden“ dieser Meinung waren, wurde er ein bevorzugtes Ziel von Schikanierungen, was wieder neue Disziplinarmaßnahmen auslöste.Die Aussicht, nach der Grundausbildung in einer Einheit Dienst tun zu müssen, deren Einsatzgebiet sich direkt in vorderster Front befand, muß für Keilmann und seine Familie niederschmetternd gewesen sein. Aus einem Brief seines Vaters anläßlich seines 37. Geburtstags geht Ferdinand sen. mit keinem Wort direkt auf die Situation als Wehrmachtsangehöriger und die möglichen Folgen ein. Es ist eher die Rede von den „besten Wünschen für die Zukunftsgestaltung“ und daß „glücklich ist wer trotzdem lacht“.[63] Um sich aus dem täglichen Ausbildungsgefüge zu lösen, ließ Keilmann erkennen, daß er in musikalischer Hinsicht eine Bereicherung des Kasernenlebens darstellen könnte, und er bekam diese Möglichkeit.[64] Nachdem er die ersten Abende im Offiziersheim der Kaserne begleitet hatte, wurden die Anforderungen in der Ausbildung geringer, und nach der fünften militärärztlichen Untersuchung wurde er zum 21. Juli 1944 wieder aus der Wehrmacht entlassen.[65] Er nutzte die ersten Tage nach der Entlassung, um noch einige Berliner Angelegenheiten zu regeln, vor allem was das Wohnungsinventar betraf und veranlaßte die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses durch die „Deutsche Akademie für Wohnungswesen“. Danach machte er sich per Zug wieder auf den Weg zurück nach Aschaffenburg. Hierfür nutzte er die gleiche alte Fahrkarte, die er schon seit mehreren Monaten benutzte; bei den inzwischen durch die zahlreichen Fliegerangriffe chaotischen Verkehrsverhältnissen war nicht mehr mit Fahrkartenkontrollen zu rechnen. Als Keilmann am 24. Juli 1944, seinem 37. Geburtstag, wieder in Aschaffenburg ankam, wurde der von seiner Frau und seinem Vater am Bahnhof abgeholt. Zu deren Verwunderung hatte er bei seiner Rückkehr keine Uniform an – die Nachricht, daß er aus der Wehrmacht entlassen worden war, hatte er vorher weder schriftlich noch telefonisch mitgeteilt.__________________ [1]Herbert Rimpl wurde am
25.
Januar 1902 in Mallmitz/Schlesien geboren. Studium der Architektur an
der TH
München, Erwerb des Dr.-Ing. an der TH Berlin-Charlottenburg;
vielfältige
Tätigkeiten in angestellter Position sowie als freier
Architekt, so z.B. Leiter
der Bauabteilung der Heinkel-Flugzeugwerke. Seine Entnazifizierungsakte
wurde
nach 1946 von einer amerikanischen Dienststelle angefordert und gilt
seitdem
als verschollen. Er war nach Ende des Krieges in Wiesbaden
tätig, zahlreiche
Wohnungs- und Verwaltungsbauten, u.a. Bundeskriminalamt Wiesbaden;
Rimpl starb
am 2. Juni 1978; siehe Durth 1986, S. 513.
[2]Lörcher,
Carl Ch.:
Reichskammer der Bildenden Künste und der Architektenstand,
in: Baugilde, Heft
24, 1933, S. 1153ff.
[3]AKe;
Zwischenzeugnis für
Keilmann vom 5. September 1942, Briefkopf.
[4]Diese
unterirdische
Produktionsstätte wurde für die Herstellung der
„Vergeltungswaffen“ V1 und V2
in erster Linie durch Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge
durchgeführt, die auch
die Produktion der Waffen übernehmen mußten. Von
60.000 Häftlingen kamen 20.000
ums Leben.
[5]Zur
Vertiefung siehe
Larsson, Lars Olof: Die Neugestaltung der Reichshauptstadt. Albert
Speers
Generalbebauungsplan für Berlin, Stockholm 1978; Reichhardt /
Schäche 1984.
[6]Keilmann
hat im Büro Rimpl
eine ansehnliche Anzahl Zeichnungen und Pläne mitgenommen, die
auf dem
Dachboden die Jahrzehnte überdauert haben. Ob es sich bei
einem Teil dieser
Zeichnungen wirklich um Entwürfe für die
Hochschulstadt handelt, wie in der
Familie erzählt wird, muß eine genauere
Prüfung zeigen.
[7] SA BS, E310:6.
[8]Die
Planungen beinhalteten
die gleiche Formensprache, wie sie üblicherweise für
die vielen Gauforen im
ganzen Reich vorgesehen waren. Ebenfalls identisch mit den
Überlegungen der
Gauleiter ist das Vorantreiben solch gewaltiger Bauvorhaben
während des
Krieges. Zur Vertiefung siehe: Wolf, Christiane: Gauforen: Zentren der
Macht.
Zur nationalsozialistischen Architektur und Stadtplanung, Berlin 1999.
[9]Baugilde,
Heft 31 1941, S.
502.
[10]BA,
R4606/312, Blatt 38.
[11]Uk-Stellung
bedeutete,
daß der betreffende Mitarbeiter von seinem Arbeitsplatz
anerkannt unabkömmlich
war.
[12]BA,
R4606/312, Blatt
20ff. In dieser Akte werden nur die Mitarbeiter Rimpls im Büro
Hildgardstraße
behandelt. Die Besetzung des Büros wechselte zwischen 1941 und
1943.
Ausscheidende Mitarbeiter wurden zunächst ersetzt, um die
Planungskapazität zu
erhalten. Die genannten Personen waren Kurt Bienemann, Max Elsner,
Werner
Freybourg, Max Geck, Ferdinand Keilmann, Emil Kleinschmidt, Alfred
Lubs,
Wilhelm Paul, Willi Prior, Walter Reitz, Hans Tschierschke und Theodor
Weber.
Der ebenfalls auf der Liste erwähnte Günther
Groenewald war von der Regelung
ausgenommen. Um den auf dieser Liste nicht genannten Hans Schlottmann
entwickelte sich ein gesonderter Schriftwechsel, da er bereits zur
Wehrmacht
eingezogen war und für seine Tätigkeit als Architekt
Sonderurlaub erhielt.
Diese Sonderregelung galt nicht für
Wehrmachtsangehörige, somit mußte
Schlottmann im März 1941 wieder einrücken. Er geriet
gegen Ende des Krieges in
russische Gefangenschaft und kehrte erst 1949 wieder nach Deutschland
zurück.
[13]Walter
Reitz, geb. 25
Dezember 1888; war zuvor freischaffender Architekt in Köln.
Sein weiterer
Werdegang ist nicht bekannt.
[14]Emil
Kleinschmidt, geb.
10. August 1901 in Frankfurt/Main; war vor dem Eintritt in das
Büro Rimpl bei
der Reichsbahnbaudirektion mit den ersten Entwürfen
für den Südbahnhof betraut,
wurde nach Ende des Krieges Stadtbaurat der Stadt Marburg. Kleinschmidt
und
Keilmann entwickelten eine freundschaftliche Beziehung, die bis in die
50er
Jahre anhielt; siehe BDA / Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Renaissance der
Bahnhöfe.
Die Stadt im 21. Jahrhundert, Braunschweig 1996, S. 214. Dort findet
sich ein
früher Entwurf der Gleishalle des Südbahnhofs, von
Kleinschmidt gezeichnet.
[15]AKe;
Zeugnis von Rimpl an
Keilmann vom 7. Januar 1943.
[16]BA,
R4606/1094, Blatt
37ff.
[17]AKe;
Brief von F.
Keilmann sen. an F. Keilmann jun. vom 2. November 1941.
[18]Daß
diese Überlegenheit
in erster Linie die Größe der Gebäude
betraf, läßt keine Rückschlüsse
auf die
künstlerische Ausgestaltung zu. Wahrscheinlich wären
die gigantomanischen
Gebäude und Straßen so unpersönlich und
einschüchternd geraten, daß sich kaum
ein Mensch dort wohl gefühlt hätte.
[19]Daß
„neoklassische“
Architekturvorstellungen in bezug auf Staats- und
Repräsentationsbauten kein
rein deutsches Phänomen darstellten, belegt: Frank, Hartmut
(Hrsg.):
Faschistische Architekturen. Planen und Bauen in Europa 1930
– 1945, Hamburg
1985.
[20]AKe;
ein nicht ganz ernst
zu nehmendes Protokoll des Gefolgschaftsabends im
„Kaiserhof“. Das Protokoll
ist deswegen nicht ernst gemeint, weil vor die jeweiligen Substantive
in
Klammern mehr oder weniger passende Adjektive gestellt wurden, so zum
Beispiel:
„Als letzter der (unergründbaren) Runde erscheint
der großartig (laue) Virtuose
und (gleichgültige) Familienvater Ferdinand. Damit ist die
(vollkommen
uninteressierte) Gesellschaft endlich vollzählig und begibt
sich durch die
(sadistische) Zimmertür an den gedeckten (sehr interessanten)
Tisch.“
[21]Das
genaue Geburtsdatum
von Ferdinand Keilmann war der 30. Mai 1941. Glücklicherweise
hat sich nach
dieser dritten „ferdinandschen“ Generation die
Tradition nicht fortgesetzt, da
durch die Namensgleichheit so manche Verwechslung eingetreten ist.
[22]Gespräch
mit Eva Keilmann
vom 03. Juni 2001.
[23]BA,
R4606/1094, Blatt 42.
[24]BA,
R4606/482. z.b.V.
bedeutet „zur besonderen Verwendung“.
[25]Ebd.
[26]AKe;
Vorläufiges Zeugnis
von Rimpl an Keilmann vom 5. September 1942, Unterzeichnet
„im Auftrag“ von
Kleinschmidt.
[27]AKe;
Zeugnis von Rimpl an
Keilmann vom 7. Januar 1943.
[28]Im
folgenden: Baugilde
1941, Heft 26/27, S. 435f.
[29]BA,
R4002/7, Blatt 105,
Satzung der Deutschen Akademie für Wohnungswesen vom 17.Mai
1944, § 1. Aus
einem Entwurf zur Neufassung der Satzung zum Mai 1944 geht hervor,
daß
bezüglich Namen und Zweck der Akademie keine gravierenden
Änderungen
vorgenommen wurden. Die im folgenden genutzten Akten der
„Deutschen Akademie
für Wohnungswesen e.V.“ aus dem Bundesarchiv in
Berlin warten noch auf eine
genaue wissenschaftliche Sichtung. Einige dieser Papiere sind
anscheinend seit
1945 nicht mehr angesehen worden. Als Beleg mag hier dienen,
daß ich in einem
Aktensatz ein Einschußloch gefunden habe, an dessen Rand die
eingerissenen
einzelnen Blätter noch ineinander verhakt waren.
[30]Robert
Ley wurde am 15.
Februar 1890 in Niederbreidenbach bei Nürmbrecht geboren. Von
der Ausbildung
her Chemiker, engagierte er sich früh in der NSDAP. Seit 1925
war er Gauleiter
im Rheinland, ab 1928 Mitglied des Preußischen Landtags, ab
1930 auch Mitglied
des Reichstags. 1931 – 1934 war er Reichsinspektor und
Stellvertreter des
Reichsorganisators Strasser, dessen Nachfolger er 1934 wurde. Er
beseitigte in
Hitlers Auftrag am 3. Mai 1935 gewaltsam die Gewerkschaften und
gründete die
Deutsche Arbeitsfront (DAF). Der Verurteilung im Nürnberger
Kriegsverbrechertribunal entging er durch Selbstmord am 26. Oktober
1945.
[31]Am
23. Oktober 1942 wurde
die Behörde unter erheblicher Kompetenzausweitung in
„Reichswohnungskommissar“
umbenannt.
[32]Die
am Prozeß der Typung
und Normung beteiligten Personen gingen Mitte 1941 allgemein davon aus,
daß
nach der Eroberung großer Teile Europas
„nur“ noch England besiegt werden
müsse, um danach die umfangreichen sozialen
Neugestaltungspläne durchführen zu
können – die Geschichte hat sie eines Besseren
belehrt; die Ideen und Begriffe
wurde jedoch nach dem Krieg nach kurzer
„Entnazifizierung“ bruchlos übernommen,
siehe: Harlander, Tilman / Fehl, Gerhard: Hitlers Sozialer Wohnungsbau
1940-1945. Wohnungspolitik, Baugestaltung und Siedlungsplanung, Hamburg
1986,
S. 14.
[33]Meyers
Kleines Lexikon
Politik, Mannheim 1986, S. 377.
[34]Harlander,
Tilman / Fehl,
Gerhard (Hrsg.): Hitlers sozialer Wohnungsbau 1940-1945.
Wohnungspolitik,
Baugestaltung und Siedlungsplanung, Hamburg 1986, S. 46.
[35]Wagner
war der ehemalige
Geschäftsführer der „Brandenburgischen
Heimstätte GmbH“, siehe Kapitel III. 7
(Werkswohnungsbau)
[36]Baugilde
1941, Heft
26/27, S. 436.
[37]Baugilde
1941, Heft
26/27, S. 436. Es handelte sich hier um die Abteilung VII
(Bauwirtschaft),
sowie die Abteilungen VIII und VI (Gebäudeplanung), welche in
der Akademie in
„Typung, Normung, Baukonstruktion“ umbenannt wurde.
[38]BA,
R4002/7, Blatt 41.
[39]BA,
R4002/7, Blatt 105.
[40]Harlander
/ Fehl 1986, S.
440.
[41]BA,
R4002/7, Blatt 41ff.
So finden sich in den Erfahrungsgemeinschaften für
städtische und ländliche
Wohngebäude Julius Schulte-Frohlinde, Paul Schmitthenner oder
Konstanty
Gutschow, welche auch zum Wiederaufbaustab Speer zählten.
[42]Der
Wohnungsbau in
Deutschland, 1943, Seite 251, in: Harlander / Fehl 1986, S. 68:
„Zum Zweck des
umfassenden Einsatzes von Männern und Frauen für
Aufgaben der
Reichsverteidigung (müssen) Vorbereitungen und Planungen
für künftige
Friedensaufgaben nunmehr vollkommen eingestellt werden.“
Harlander / Fehl
weisen im folgenden darauf hin, daß dieser Erlaß im
Zuständigkeitsbereich von
Ley gerade befolgt wurde; mit
dem noch vorhandenen Personal wurden Planungen für den
Wiederaufbau bombenzerstörter
Städte (womit sich eine erneute Konkurrenzsituation mit Albert
Speer abzeichnete)
und zu Behelfsmaßnahmen für
Bombengeschädigte aufgenommen.
[43]BA,
R4002/64,
Jahresbericht 1943 der Abteilung „Typung und
Normung“ der Deutschen Akademie
für Wohnungswesen vom 14. Januar 1944.
[44]Ebd.
[45]Ebd.
[46]AKe;
Zeugnis der DAW für
Keilmann vom 27. Juli 1944.
[47]BA,
R4002/64 und
R4002/66. Einige dieser Blätter hat Keilmann mit nach Hause
genommen und somit
vor der Vernichtung bewahrt.
[48]Aus
einem Gespräch mit
Eva Keilmann.
[49]siehe
Kapitel IV. 16 (Die
verlorene Wohnung).
[50]Harlander
/ Fehl 1986, S.
70.
[51]BA,
R4002. In den Akten
der DAW im Bundesarchiv sind einige dieser Reibereien in Form von
Schriftwechseln erhalten geblieben. Anscheinend war Neufert derjenige,
der sich
bezüglich der Arbeitszeiten nicht an Absprachen halten konnte
oder wollte.
[52]Prof.
Spiegel, Hans, Der
soziale Wohnungsbau in Deutschland, Heft 1-2, 1944, Seite 3, in
Harlander /
Fehl, 1986, S. 77.
[53]Recker,
Marie-Luise:
Staatliche Wohnungspolitik im Zweiten Weltkrieg, in: Die Alte Stadt,
1978/2, S.
136, in: Harlander / Fehl 1986, S. 71.
[54]AKe;
Durchschrift des
Kündigungsschreibens von Keilmann an die DAW vom 31. Januar
1944.
[55]Ebd.
[56]AKe;
Bewerbungsschreiben
von Keilmann an Prof. Dr. Wilhelm Kreis vom 28. Februar 1944.
[57]Berücksichtigt
man, daß
die Bauwelt 32-mal im Jahr erschien, so war das Heft schon etwa drei
Monate
alt.
[58]Der
konservative Kreis
hatte wahrscheinlich eine Abneigung gegen Herbert Rimpl.
[59]Im
folgenden: AKe;
Schreiben von Keilmann an die Geschäftsführung der
DAW vom 12. Februar 1944.
[60]SSA
AB, Meldekarte
Ferdinand Keilmann.
[61]Aus
den persönlichen
Unterlagen ging die Bezeichnung der Einheit, in die Keilmann eingezogen
wurde,
nicht hervor, die Darstellungen waren zu unterschiedlich. Die hier
gemachte
Angabe erschließt sich aus: Tessin, Georg: Deutsche
Verbände und Truppen
1918-1939. Altes Heer, Freiwilligenverbände, Reichswehr, Heer,
Luftwaffe,
Landespolizei, Osnabrück 1974, S. 152.
[62]
SA LU; EL902/12 Nr. 26/75/580.
[63]AKe;
Brief von F.
Keilmann sen. an „Schütze Keilmann“, vom
22. Juli 1944. Der Brief kam in
Stahnsdorf erst an, als Keilmann schon wieder in Aschaffenburg war, und
erreichte ihn somit mit einer erheblichen Verzögerung.
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"Jene, die nichts aus der Geschichte lernen, sind dazu verdammt, sie zu wiederholen." | ||
George Santayana (1863 - 1952) | ||