Architekturgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Jägerehrenmalentwurf - Vogelschau
Erhaltenes Fragment des Jägerehrenmals Das heutige Jägerehrenmal im Aschaffenburger Schlosshof Der von Otto Gentil gestaltete Hirsch am Turm des Aschaffeburger Schlosses Wettbewerbsbeitrag von Ferdinand Keilmann für das Jägerehrenmal aus dem Jahr 1935 Artikel in der Aschaffenburger Zeitung vom April 1933 Standort der ehemaligen Treppe in der Mauer vom Schöntal 2. Wettbewerbsbeitrag Keilmanns von 1935

Das Jägerehrenmal im Aschaffenburger Schöntal

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Das Jägerehrenmal im Aschaffenburger Schöntal – Die kurze Geschichte einer nationalsozialistischen Planung

Die Zeit drängte im März 1936. Für Pfingsten war der Jägertag des 2. Jägerbataillons angekündigt und dieser Termin ließ sich nicht verschieben, während die Genehmigung des Münchner Staatsministeriums des Innern für die Errichtung des geplanten Jägerehrenmals noch immer nicht erteilt war. Schon jetzt stand fest, dass das Bauwerk nicht in allen Details fertig gestellt werden könnte, aber jedes weitere Zögern würde dem Ansehen Aschaffenburgs schweren Schaden zufügen. Bürgermeister Wohlgemuth und Baurat Vogt blieb nichts anderes übrig, als ohne höhere Zustimmung die ersten Aufträge an Handwerks- und Baufirmen zu vergeben. Am Pfingstsonntag, dem 31. Mai 1936 waren dann tatsächlich alle Bauarbeiter aus dem Magnolienhain verschwunden und die Weihe des Ehrenmals konnte reibungslos unter den Augen von Jägern und geladenen Mitgliedern aus NSDAP, Soldatenbund und Reichskriegerbund durchgeführt werden; sogar die Sonne ließ sich blicken. Ob 10 Jahre später – beim Abriss des Bauwerks – die Sonne schien, ist nicht überliefert.


Der Hubertus-Hirsch im Schlosshof

Die Verbundenheit des 2. Bayerischen Jägerbataillons mit Aschaffenburg hatte eine lange Tradition. Die Jäger, die auf Einsätze im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und umfangreiche Beteiligung an Kampfhandlungen im Ersten Weltkrieg zurückschauen konnten[1], waren erstmals 1825 und seit 1891 ständig in Aschaffenburg stationiert[2]. Eine – aus heutiger Sicht – nicht ganz so lange Tradition kann die Aschaffenburger Diskussion um ein angemessenes Denkmal für die Gefallenen des 2. Jägerbataillons aufweisen. Zur Mitte des Jahres 1924 organisierten sich auf Anregung des damaligen Oberbürgermeisters Geheimrat Dr. Matt[3] der Ehemaligenverband der Jäger und Honoratioren der Stadt, um erstmals Pläne für ein Ehrenmal zu entwickeln. Während die Finanzierung des Vorhabens durch die Aschaffenburger Industrie[4] in einem angemessenen Umfang sichergestellt werden konnte, waren die Details der Realisierung umstritten. Dies galt bereits für die Form des Denkmals. Die Errichtung von figürlich ausgearbeiteten Soldaten schied aufgrund der hierbei entstehenden Kosten aus; daneben unterschieden sich die Jäger im Ersten Weltkrieg in ihrer militärischen Ausstattung nicht mehr von Infanteristen, da der für die Jäger typische Tschako[5] durch den Stahlhelm ersetzt worden war[6]. Um trotzdem eine den Jägern angemessene Symbolik zu erreichen, entwarf der Aschaffenburger Bildhauer Otto Rudolph Gentil (1892-1969) in Anlehnung an das Hubertusmotiv einen im Stil der Zeit expressionistisch gestalteten Hirsch aus Bronze mit Hubertuskreuz[7].

Otto Gentil, Sohn des als „Pumpen-Anton“ bekannten Fabrikanten Anton Gentil, befand sich zum Zeitpunkt der Schaffung des ersten Jägerehrenmals trotz seiner 32 Jahre noch am Anfang seiner künstlerischen Betätigung. Er hatte ab 1905 bis 1914 eine Ausbildung im Metallhandwerk größtenteils absolviert, brach aber, wie viele Künstler aus seiner Generation, nach den Kriegserlebnissen den begonnen Weg in eine berufliche Kontinuität des Elternhauses ab. Während der Vater künstlerische Ambitionen und unternehmerisches Handeln vereinbarte, entschied sich Otto Gentil ausschließlich für die künstlerische Betätigung sowie die Weitergabe kunsthandwerklicher Kenntnisse an Auszubildende. Er studierte von 1918 bis 1924 zunächst Bildhauerei und anschließend Goldschmiedekunst an der Kunstgewerbeschule in München[8]. Seine Beschäftigung mit dem Jägerehrenmal im Schlosshof markierte einen Wendepunkt in seinem Werdegang, da er genau zu dieser Zeit seine freischaffende Tätigkeit in München aufgab, um ab 1926 an Otto Leitolfs[9] (1881-1967) Aschaffenburger Meisterschule als Lehrer in den Steinmetzwerkstätten tätig zu werden[10].

Nachdem der Gestalter und die Form des Ehrenmals feststanden, kümmerte sich der Denkmalsausschuss um die Standortsuche. Bereits 1924 hatte sich eine Diskussion um einen passenden Aufstellungsort entwickelt, die sich – wie noch zu sehen sein wird – in den kommenden 50 Jahren mehrfach wiederholen sollte. Die zunächst ins Auge gefasste Insel an der Kreuzung Würzburger-, Hofgarten- und Grünewaldstraße kam aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Der „Beobachter am Main“ beschrieb am 5. August 1925 anschaulich, dass „die probeweise Umsetzung dieser Idee in die Praxis durch Aufstellung von Phantomen, Skizzen etc. etc. […] die Unmöglichkeit dieser Durchführung (zeigte)[11]. Bemängelt wurde zum einen der fehlende „würdige Hintergrund; die Würzburgerstraße mit ihrem gerade nicht ästhetisch wirkenden Durcheinander von großen und kleinen Häusern war kein solcher“; zum anderen war die betreffende Ecke der Grünewaldstraße damals nicht bebaut und es bestand die Gefahr, dass die zukünftige Bebauung den ästhetischen Eindruck des Denkmals beeinträchtigen könnte. Der entscheidende Kritikpunkt war, dass „das Denkmal an dieser Stelle rückenfrei stand, d.h. der Hirsch bot für den aus Richtung Kaserne oder Grünewaldstraße Kommenden mit seiner Rückseite einen immerhin etwas merkwürdigen Willkommensgruß.“[12]

Otto Gentil - Jägerehrenmal im Aschaffenburger Schlosshof 1925 Weitere Standortvorschläge wurden gemacht und verworfen. Weder kam die Schöntalmauer in Frage, noch der von Dr. Matt bevorzugte Plan, das im Nilkheimer Park befindliche Tempelchen in den Magnolienhain zu versetzen und das Denkmal hinein zu stellen[13]. Auch der Vorschlag des angesehen Architekten Otto Leitolf, den Hirsch in ein Nische des alten Turms im Schloss Johannisburg zu platzieren, stieß nicht auf die Zustimmung des für die Genehmigung zuständigen Münchner Kunstausschusses. Erst Otto Gentils Idee, in Variation des Leitolf’schen Vorschlags das Denkmal auf einen Muschelkalksockel am Bergfried des Schlosses anzubringen, fand trotz einiger Bedenken die Gnade der fernen Kulturhüter[14]. So wurde der Entwurf von Otto Gentil in der Fabrik seines Vaters Anton in Bronze gegossen[15] und es erschien am Sonntag, den 15. August 1925 der Wittelsbacher Kronprinz Rupprecht, um der feierlichen Einweihung des Jägerehrenmals unter den Klängen des „Liedes vom Alten Kameraden“ im Schlosshof beizuwohnen[16].


Eine „neue“ Zeit, ein neues Ehrenmal

Für einige Jahre schlossen die Kritiker zumindest in der öffentlichen Diskussion ihren Frieden mit dem Denkmal, für das sich allerdings in verspottender Weise der Spitzname „Kukirol-Hirsch“ etablierte; ob eine Ähnlichkeit mit der damaligen spitzbärtigen und mit markanten Augenbrauen ausgestatteten Werbefigur für das Hühneraugenmittel Kukirol zu diesem Namen inspirierte oder ob die Marke mit einem vergleichbaren Hirschmotiv beworben wurde, ist heute unklar. Jedenfalls erhielten die Kritiker mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten die Einflussmöglichkeiten, um einen abweichenden, größeren Entwurf umzusetzen[17]. Erneut gab es in der zuständigen Kommission aus Oberbürgermeister und Verein der ehemaligen Jäger die bereits bekannte Diskussion um den Standort. In Erwägung wurden zunächst Standorte in Verbindung mit dem Kornhäuschen und der Kastanienallee oder der Ecke Grünewaldstraße/Würzburgerstraße gezogen[18], der aktuelle Standort am Schlossturm fand nach Aussage des Autors der gleichgeschalteten Aschaffenburger Zeitung vom Januar 1936 weder Anklang bei der Bevölkerung noch bei den Angehörigen des 2. Jägerbataillons[19]. Schließlich entschied man sich für den Magnolienhain im Schöntal[20].

Eugen Henke - Plastik am Münchner Ostfriedhof
Für die Ausführung wurde ein eng begrenzter Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem nur zwei Teilnehmer wurden; zum einen der Münchner Bildhauer Eugen Henke[21] und zum anderen erneut Otto Gentil, der in der Folge Pläne in Zusammenarbeit mit dem noch jungen Architekten Ferdinand Keilmann jun.[22] (1907-1979) vorlegte. Keilmann konnte bereits 1933 einen Denkmalsentwurf für „Ein nationales Mahnmal“ in der Aschaffenburger Zeitung veröffentlichen[23] und erhoffte sich durch die Beteiligung an dem Ehrenmalswettbewerb einen Anschub für seine stockende berufliche Karriere. Aus diesem ersten Wettbewerb, der vermutlich noch 1934 ausgelobt wurde, gingen Gentil/Keilmann zwar als Favoriten hervor, jedoch konnten ihre Entwürfe die Juroren nicht völlig überzeugen, so dass vom Prüfungsausschuss eine Überarbeitung der Pläne verlangt wurde[24]. Die Fertigstellung der neuen Gestaltungsvorschläge nach konkretisierten Vorgaben zog sich bis 1935 hin und endete trotz noch vorhandener Bedenken und Kritik mit einer Mehrheitsentscheidung für den Entwurf der lokalen Künstler und mit der Veröffentlichung der Entwurfszeichnungen im Rahmen eines ganzseitigen Artikels in der Aschaffenburger Zeitung Anfang Januar 1936[25]. Aschaffenburger Zeitung 1933 - Ein nationales Mahnmal von Ferdinand Keilmann

Es waren jetzt nur noch wenige Monate bis zum Jägerfest und die Pläne waren immer noch nicht ausführungsreif, als sich das Bayerische Innenministerium einschaltete. Hintergrund war die herausragende politische Bedeutung eines solchen Ehrenmales, welches unbedingt den künstlerischen und ideologischen Ansprüchen des Staates entsprechen musste. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, ordnete das Innenministerium mit einem Schreiben vom 22. Februar 1936 an, dass ein Experte zur Überarbeitung der vorgelegten Pläne eingeschaltet werden sollte. Dieser Experte für die Sicherstellung des „ästhetischen Anspruchs“ war niemand geringerer als der Bildhauer Entwurf 1 für das Jägerehrenmal im Schöntaler MagnolienhainKurt Schmid-Ehmen[26] (1901-1968), welcher seit Hitlers Machtübernahme annähernd alle bedeutenden Reichsadler gestaltet hatte. Seine Entwürfe fanden sich in der Münchner Feldherrenhalle in Form eines Reichsadlers mit Hakenkreuz im Eichenlaub zur Erinnerung an die nationalsozialistischen Opfer des Hitler-Putsches von 1923, auf dem Münchner Königsplatz in Form von Reichsadlern auf hohen schlanken Säulen; darüber hinaus wurden sämtliche Adler des Nürnberger Reichsparteitagsgeländes von ihm entworfen. Schmid-Ehmen sollte 1937 für die Ausschmückung des deutschen Pavillons auf der Weltausstellung 1936 in Paris mit einem 9 Meter hohen Reichsadler – der Pavillon selbst war von Albert Speer geplant – einen Grand Prix der République Francaise erhalten[27]. Seine besondere Bedeutung war auch daran zu erkennen, dass er zu den Bildhauern gehörte, Entwurf 2 für das Jägerehrenmal im Schöntaler Magnolienhaindie für die Gestaltung der von Albert Speer geplanten Neuen Reichskanzlei in Berlin herangezogen wurden. Neben der Beteiligung an der künstlerischen Ausgestaltung des „Arbeitszimmer des Führers“[28] oblag ihm die Dekoration über dem Eingangsportal mit einem Adler, der eine Spannweite von 7,75 m aufwies[29]. Gerade diese umfangreiche bildhauerische Tätigkeit im Staatsauftrag brachte Schmid-Ehmen den Spitznamen „Reichsstukkateur“ ein[30].


Änderungen und Verzögerungen

Nachdem der Prüfungsausschuss die Pläne von Keilmann und Gentil bevorzugte, lag die Entscheidung über die Änderungen und somit den Baubeginn beim Staatsministerium des Innern. In einem Brief vom 22. Februar an den Aschaffenburger Oberbürgermeister[31] kritisierte der zuständige Ministerialbeamte Hagen die vorgelegten und bereits in der Aschaffenburger Zeitung veröffentlichten Pläne, konnte aber auch gleichzeitig die Veränderungsvorschläge von Kurt Schmid-Ehmen mitteilen:[32]

„1.) Die vor der Mauernische geplanten katafalkartigen Steinblöcke mit den Reliefdarstellungen und die einzelnen, längs der Rückseite des Platzes vorgesehenen Gedenktafeln sind wegzulassen, um einen friedhofartigen Eindruck der Hainanlage zu vermeiden und diese in ihrem bestehenden Charakter möglichst zu erhalten.Die Namen der Gefallenen können auf der inneren Mauerfläche der Nische eingeschrieben werden […].

2.) Den auf hohen Steinpostamenten gedachten Kriegerfiguren kann ich in dieser Anordnung nicht zustimmen; zwei Kriegerplastiken können als symbolische Wächter an oder in der Nischenmauer aufgestellt werden, sie dürfen aber die Mauer nicht überragen[…]. Bildhauer Kurt Schmid-Ehmen, Senator der Reichskulturkammer (ist) zuzuziehen, […] seinen Weisungen müßte bei der Ausführung der Plastiken Rechnung getragen werden.

3.) Der Treppenaufgang von der Würzburger Straße zur Gedenkstätte ist nach dem Model, das nach den Zeichnungen des Bauamtes der Verwaltung der staatlichen Schlösser hier angefertigt wurde, auszuführen; […].“

Die auf diesen Brief hin notwendigen Umzeichnungen der Entwürfe waren innerhalb der nächsten 10 Tage abgeschlossen, da am 3. März der Oberbürgermeister von Aschaffenburg, Kreisleiter Wohlgemuth, zusammen mit dem zuständigen Stadtbaurat Vogt ein dringendes Antwortschreiben an das Staatsministerium richtete, in dem die einzelnen Änderungen thematisiert wurden und ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass bei einer weiteren Verzögerung die Fertigstellung nicht mehr zu gewährleisten sei[33]. Das Genehmigungsverfahren für die Errichtung war durch die Einschaltung der unterschiedlichsten Stellen, welche in diesem Zusammenhang gehört werden mussten, äußerst langwierig. Als die Bauarbeiten schon begonnen hatten, lag immer noch nicht die Zustimmung der Regierung Unterfranken vor, diese war von einer positiven Stellungnahme des Innenministeriums abhängig. Darüber hinaus musste immer die Staatliche Verwaltung für Schlösser und Gärten gehört werden, da das Denkmal mit seinem Standort im Schöntal in deren Zuständigkeit fiel. Weiterhin waren in die Verhandlungen das Staatsministerium für Unterricht und Kultus und – als Besitzer des Geländes – das Staatsministerium für Finanzen eingeschaltet. Unabhängig von den Zustimmungen erteilte der Oberbürgermeister Ende Februar Aufträge für die Erstellung der Inschriftenplatten und kündigte im Schreiben vom 3. März die Bestellung der Werksteine für Postamente, Stufen und Platten an[34]. Der Zeitdruck bewirkte gegenüber den genehmigten Plänen noch zwei entscheidende Änderungen; so stand für die unter Punkt 2 des Briefes vom 22. Februar geforderte abweichende Aufstellung der Kriegerfiguren bereits fest, dass diese umfangreiche Steinmetzarbeit in der kurzen Zeit nicht mehr realisierbar war, und für die Treppe von der Würzburger Straße aus konnten zunächst unter Verzicht des zentralen Aufgangs nur die beiden Aufgänge nach links und rechts errichtet werden[35]. Beim Vergleich der Entwürfe aus der Aschaffenburger Zeitung mit Fotografien des ausgeführten Ehrenmals ist erkennbar, dass die von Schmid-Ehmen geforderten Änderungen ansonsten exakt umgesetzt wurden.

Am 16. Mai 1936, zwei Wochen vor dem Jägertreffen, konnten die Leser der Aschaffenburger Zeitung sich in einem großen Artikel über den Fortgang der Bauarbeiten informieren[36]. Wie auf den Fotos erkennbar, hatten die Bauarbeiter der beauftragten Firma Ott Bau in den bisherigen acht Wochen seit Baubeginn umfangreiche Arbeit geleistet. Zunächst wurde die im Weg stehende Flora-Statue demontiert, um anschließend mit der Anlage der Treppe und der Zuwegungen sowie dem Fundament des Ehrenmals zu beginnen. Nach wenigen Wochen war die Umrandungsmauer bereits errichtet; lediglich die Muschelkalkplatten mit den eingemeißelten Namen der Gefallenen mussten noch angebracht werden. In der Zwischenzeit war der bekrönende Reichsadler fertig gestellt[37], und die darunter befindliche Steinplatte mit der Inschrift „Die Stadt Aschaffenburg ihren 729 gefallenen Söhnen“ und „das 2. Bayer. Jäger-Bataillon seinen 2707 toten Kameraden“ wartete auf ihre Anbringung[38]. Der Autor des Zeitungsartikels gab den Kritikern des Ehrenmals noch mit auf den Weg, dass „das neue Kriegerehrenmal im Magnolienhain einen würdigen Platz gefunden hat, (was) […] nur verkannt werden (kann), wenn man den Sinn eines solchen Denkmals nicht begreift.“[39].


Die Ehrenmalweihe

Der Pfingstsonntag des Jahres 1936 war ein sonniger Tag. Bereits morgens um viertel nach Acht[40] trafen sich die Mitglieder der verschiedenen politischen und militärischen Organisationen am Schlosshof, um sich für den Aufmarsch am Ehrenmal und einen vorherigen Gottesdienst zu versammeln; darunter waren „Ehrenstürme der SA., SS und des Arbeitsdienstes […], der Reichskriegerbund, der Soldatenbund, das Feld-Jägerbataillon, die marschfähigen Kriegsopfer und Kriegsbeschädigten“[41]. Um 9.30 Uhr nahmen die Formationen Aufstellung und marschierten zum Ehrenmal, wo sich bereits nach der vorgegebenen Platzordnung mehrere hundert geladene Gäste[42] eingefunden hatten, während die ebenfalls zahlreichen erschienene Aschaffenburger bei diesem Anlaß keine Gelegenheit hatten, aus geringer Distanz dem Ablauf zu folgen. Nur Inhaber von Ehren- und Hinterbliebenenkarten waren zur Teilnahme an der Ehrenmalweihe zugelassen[43].

Entgegen des Zeitplans, welcher in der Samstagszeitung angekündigt war, fand der Einzug der Fahnen bereits eine Viertelstunde früher statt; der Gaupropagandaleiter Waldemar Vogt hatte sich für die Teilnahme angemeldet und seine Rede musste in den bestehenden Ablauf eingefügt werden. Nach dem Fahneneinzug um 10.15 Uhr wurde ein altniederländisches Dankgebet gesprochen[44] und mehrere Reden gehalten; zuerst von Hauptmann a.D. Ritter von Strobel, anschließend die Weiherede von Kreisleiter und Oberbürgermeister Wohlgemuth, mit der das Ehrenmal in die Obhut der Stadt übernommen wurde. Es folgten Kranzniederlegungen durch den Oberbürgermeister, Jäger, Wehrmacht, NSKOB[45], Reichskriegerbund, Hitlerjugend und durch weitere Formationen, während das SS-Musik-Korps das „Lied vom guten Kameraden“, übertönt von 21 Salutschüssen, spielte. Sowohl Oberbürgermeister Wohlgemuth als auch anschließend der Gaupropagandaleitern betonten, dass nur der nationalsozialistische Staat unter dem Führer Adolf Hitler in der Lage gewesen sei, die Helden des Ersten Weltkriegs in angemessener Weise zu ehren und dass deren Tod nicht umsonst gewesen sei, da sich Deutschland wieder erhoben habe.[46] Nach dem standesgemäßen dreifachen „Sieg-Heil“ sowie dem Deutschland- und Horst-Wessel-Lied verließen die angetretenen Formationen den Ort des Geschehens in Richtung Mittagessen und gestatteten so der Aschaffenburger Bevölkerung einen ersten Blick auf das neue Ehrenmal[47]. Die Aschaffenburger Zeitung betonte zum Abschluss des Artikels über die Ehrenmalweihe noch, dass die letztendliche Ausführung des Ehrenmals „der Idee des Sachverständigen für Denkmalskunde Senator Schmitt-Ehmen [sic!] zu danken“[48].

In den folgenden Jahren bot das Ehrenmal häufig Platz für die Selbstinszenierung der regionalen nationalsozialistischen Machthaber. In der Aschaffenburger Zeitung wurde regelmäßig über die Kranzniederlegungen berichtet, so am 9. November 1937[49] und ganzseitig am 14. März 1938 anlässlich einer Heldengedenkfeier vom Vortag, die ganz im Zeichen der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich stand[50]. Nicht gelungen war bis dahin die Fertigstellung der zwei Kriegerfiguren vor den Säulen rechts und links vom Eingang des Ehrenmals. Es ist zu vermuten, dass das Ehrenmal für die gesamte Zeit seines Bestehens unvollendet blieb[51].


Nachkrieg, Entnazifizierung und Neugestaltung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren die Tage des Ehrenmals schnell gezählt. Am 26. April 1947 veröffentlichte der Stadtrat in seinen Mitteilungen die Kontrollratsverfügung Nr. 30[52], nach der alle Naziembleme in der Öffentlichkeit zu entfernen seien (in diese Anweisung wurden am 24. Mai 1947 mit den Mitteilungen Nr. 103 ausdrücklich „Grabkreuze, Grabdenkmäler usw.“ einbezogen)[53]; zu diesem Zeitpunkt stand das Ehrenmal bereits nicht mehr – der Zeitpunkt des Abrisses ist jedoch nicht bekannt[54]

Das Ehrenmal war verschwunden, das Schöntal lag verwaist. Die Lücken, die der Bombenkrieg und die anschließende Zeit des Mangels geschlagen hatten, konnten nur nach und nach geschlossen werden. Zunächst übernahm die Stadt die Verantwortung für die Gestaltung des Geländes von den Staatlichen Schlössern, Gärten und Seen[55], um anschließend eine umfangreiche Neugestaltung des Parks in einen englischen Garten vorzunehmen[56]. Der Teil des Schöntals, in dem das Ehrenmal stand, war von diesen Änderungen ausgenommen; „der schönste Teil des Schöntals, der M a g n o l i e n h a i n Loch in der Schöntalmauer - ehemaliger Ehrenmalstandort(Hervorhebung im Original, d. Verf.), wurde ebenfalls wieder so erstellt, wie er einst in Friedenszeiten war.“[57] Zu dieser Wiederherstellung gehörte die Beseitigung der Treppe zum Ehrenmal, die ihren mittleren Aufgang nie erhalten hatte. Als „Goebbels-Treppe“ bezeichnet, wurde sie abgerissen und später das Loch in der Schöntalmauer wieder verschlossen[58]. Die fehlenden 12 Magnolienbäume konnten in Deutschland nicht bezogen werden und stammten aus Holland[59]

Während im Schöntal die Spuren des Krieges und des politisch nicht mehr tragbaren Ehrenmals beseitigt wurden[60], erstand am alten Standort im Schlosshof erneut ein Ehrenmal für die Jäger an Stelle des Hubertus-Hirschs[61]. Auf die Wiederherstellung des Hirschen wurde verzichtet, obwohl Otto Gentil die alte Form für den Bronze-Guss aufbewahrt hatte und diese trotz Beschädigung noch nutzbar war, und lediglich der alte Sockel von 1925 mit der Inschrift „Unseren Jägern und ihren Heldentaten 1914-1918“[62] wurde wieder angebracht[63]. Noch zwei weitere Male konnte das Main-Echo eine Erweiterung und Jägerehrenmal im Schlosshof heuteVeränderung des Ehrenmals vermelden[64]; 1975 kam für den Standort des Denkmals neben weiteren Vorschlägen erneut das Kornhäuschen ins Gespräch, aber wieder fehlte das Geld[65]. So trafen sich an einem grauen Sonntag im November 1976 „Traditionsverbände ehemaliger aktiver Soldaten, Abordnungen des Vereins der Kriegsopfer, Angehörige von Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie Vertreter verschiedener Organisationen“[66] zur – zumindest für das 20. Jahrhundert – letzten Einweihung eines Ehrenmals in Aschaffenburg für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs sowie Opfer des Zweiten Weltkriegs. Und wieder wurden Kränze niedergelegt unter dem Klang des „Guten Kameraden“[67].

Die beiden verantwortlichen Aschaffenburger Künstler für das Schöntaler Jägerehrenmal gingen nach der Errichtung getrennte Wege. Ferdinand Keilmann jun. bewarb sich beim Baustab der Reichsluftwaffe[68] und plante bis 1938 Gebäude zunächst für einen Seefliegerhorst in Hörnum auf Sylt und dann für eine Flak-Kaserne im Süden Berlins. Anschließend übernahm er den Auftrag, in Stahnsdorf bei PotsdamArbeitszeugnis der Stadt Aschaffenburg für Ferdiand Keilmann 1936 eine Werkswohnungsanlage mit 1000 Wohneinheiten zu planen, um ab 1941 in Herbert Rimpls[69] (1902-1978) „Privatatelier“ zu wechseln, wo im Rahmen von Albert Speers „Germania“-Planung in erster Linie der zentrale Südbahnhof der Berliner Nord-Süd-Achse entworfen wurde. Nachdem Speer die Umgestaltungsplanungen ab 1943 einstellen ließ, arbeitete Keilmann in der „Deutschen Akademie für Wohnungswesen e.V.“ am „Behelfsheim des Deutschen Wohnungshilfswerks“, im Volksmund auch „Ley-Laube“[70] genannt. Im Herbst 1944 kehrte er kurz nach Aschaffenburg zurück, um dann als Architekt mit der Firma Ott-Bau in Roigheim bei Heilbronn eine unterirdische Produktionsverlagerung zu realisieren. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er als Mitläufer eingestuft. 1950 stellte die Stadt Bochum ihn als Architekten ein, wo er dann bis zu seiner Pensionierung 1972 als Stadtbaumeister eine ganze Reihe öffentlicher Gebäude gestaltete, die heute als durchaus stadtbildprägend gelten können.

Im Gegensatz zu Keilmann verließ Otto Gentil seine Heimatstadt nicht mehr. Die Lehrtätigkeit an Otto Leitolfs Meisterschule übte er bis 1939 aus und schuf in dieser Zeit eine ganze Reihe bildhauerischer Arbeiten, von denen viele bei dem großen Luftangriff auf Aschaffenburg am 21. November 1944 verloren gingen; so beispielsweise die Medaillons am Haupteingang des städtischen Krankenhauses. Der Hubertus-Hirsch im Schlosshof konnte bei diesem Angriff nicht mehr zerstört werden, da er bereits im Rahmen einer Metallsammlung während des Krieges abmontiert und eingeschmolzen worden war[71]. 1946 baute Gentil sein zerstörtes Atelier in der Grünewaldstraße wieder auf und beschäftigte sich bis zu seinem Tod 1969 in erster Linie mit abstrakten künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und Farbstudien[72]. Während die Stadt Aschaffenburg ihn nach seinem Tod in zwei Ausstellungen in der Jesuitenkirche in den Jahren 1978 und 1993 ehrte, zeugen heute nur noch wenige seiner Werke von seinem umfangreichen Schaffen in der Stadt. Zu nennen sind hier in erster Linie das Haus in der Grünewaldstraße selbst und die Denkmäler für Pater Bernhard und St. Nepomuk[73].


Epilog

Als in den 80er Jahren die Aschaffenburger Ringstraße gebaut wurde, stießen die Bauarbeiter auf Steinplatten und bearbeitete Sockelsteine, deren Herkunft unklar war. Ordnungsgemäß wurde ein Mitarbeiter des Stadtmuseums zur Baustelle gerufen, um die Funde zu sichern[74]. Seitdem liegt im Stadtmuseum der Sockelstein des mittleren RisalitsJägerehrenmal Fragment heute vom Schöntaler Ehrenmal sowie – die Forschung ist hier noch nicht abgeschlossen – wahrscheinlich der untere Steinblock der Flora-Statue, die dem Nazi-Ehrenmal hatte weichen müssen. Die verschwundenen Steinplatten mit den eingeschlagenen Namen der gefallenen Jäger und Aschaffenburger fanden sich bei dieser Gelegenheit nicht. Fest steht, dass sie vor dem 28. Mai 1955 noch im Bauhof lagen, da an diesem Tag ein kurzer bebilderter Artikel im Aschaffenburger Volksblatt erschien, in dem es um den gerüchteweisen Verbleib der Platten ging[75]. Der Autor des Zeitungsartikels stellte nach einem Besuch im Bauhof der Stadt und im Schwimmbad fest, dass die Platten nicht für den Bodenbelag der Stadtbadterrasse verwendet worden waren. So bleiben die Namensplatten heute verschollen; vielleicht liegen sie ja unweit des Fundorts des Ehrenmalfragments in der Nähe der Ringstraße, vielleicht liegen sie den Aschaffenburgern an anderer Stelle zu Füßen. Im Schwimmbad jedenfalls liegen sie nicht.


Danksagung

Der Autor möchte sich an dieser Stelle für die freundliche Unterstützung durch Herrn Peter Fraundorfer bedanken, der Schriftstücke aus dem Nachlass von Kurt Schmid-Ehmen zur Verfügung gestellt hat, welche im Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchiv aufgrund von Kriegseinwirkungen nicht mehr vorliegen. Darüber hinaus geht der Dank an Herrn Martin Höpfner vom Stadtmuseum, der eine ganze Reihe von Hinweisen zum Verbleib des Ehrenmals gab.



[1] O.V.: Festschrift zum Jägergedenktag. Hundert Jahre 2. Bayer. Jäger-Bataillon Aschaffenburg am 15., 16. und 17. August 1925, o.O, o.J..
[2] Ebd., S. 10.
[3] Aschaffenburger Volksblatt, 4. Juli 1959.
[4] Ebd.
[5] Tschako, von ungarisch: „csákó“, haubenartige militärische Kopfbedeckung aus Leder oder Filz.
[6] Beobachter am Main, 5. August 1925, S. 3.
[7] Ebd.
[8] Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Zeitungsausschnittsammlung: Otto Gentil in Lebensdaten, o.J., o.O.
[9] Otto Leitolf studierte Hochbau und Architektur in Karlsruhe und München. 1911 kam er als Bauamtsassessor zum Landbauamt Aschaffenburg und bearbeitete nach dem Ersten Weltkrieg die Hochbauten der Mainkanalisation der Stadt. Ab dem 1. Mai 1919 bis zur Zerstörung des Gebäudes am 22. November 1944 leitete er als Direktor die Aschaffenburger Meisterschule für Bauhandwerker. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Leitolf zunächst in Kirchheim bei Würzburg und ab 1950 bis zu seinem Tod in Schleching in Oberbayern. Seine wichtigsten Planungen für Aschaffenburg sind neben den Bauten der Kanalisation die Wohnkolonie an der Obernauer Straße sowie das Hitlerjugendheim mit Jugendherberge (heute Musikschule). Daneben plante er überregional eine ganze Reihe von privaten und öffentlichen Gebäuden, darunter das Bezirksamt in Marktheidenfeld, den Moosburger Wasserturm sowie das Säuglingsheim des Roten Kreuzes und die Handwerkskammer in Würzburg. Der Wiederaufbau der dortigen Stephanskirche nach dem Zweiten Weltkrieg lag in seiner Verantwortung; siehe: Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e.V. (Hrsg.): Aschaffenburger Jahrbuch, Bd. 15, Aschaffenburg 1992, S. 209ff.
[10] Ebd.; Gentil hat an einigen von Leitolfs Bauwerken Gestaltungsakzente setzen können; hier sind beispielsweise die Wohnkolonie an der Obernauer Straße und das Hitlerjugendheim zu nennen.
[11] Hier und im Folgenden zitiert aus: Beobachter am Main, 5. August 1925, S. 3.
[12] Ebd.
[13] Aschaffenburger Volksblatt, 4. Juli 1959.
a href="#_ftnref14" name="_ftn14">[14] Ebd.
[15] Aschaffenburger Zeitung, 11./12. Januar 1936, S. 3; auch wenn die Aschaffenburger Zeitung für diesen Artikel teilweise die einzige Quelle darstellt, ist zu berücksichtigen, dass sie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als Parteiorgan gleichgeschaltet war und damit nicht den heutigen Ansprüchen an Unabhängigkeit und Objektivität genügt.
[16] Volkszeitung, 18. August 1925, S. 5. Während die Jäger unbehelligt feiern konnten, wurde ein am selben Tag aus Mainz kommender Gesangsverein von 80 Mann Landpolizei, unter anderem bewaffnet mit drei leichten Maschinengewehren, empfangen; die Volkszeitung berichtet weiter, dass an dem Jägertreffen „Hakenkreuzler aus Darmstadt, Frankfurt usw.“ teilgenommen hätten, welche sich am Abend auf dem Bahnhof „viehisch benahmen“ wobei sich „keine Landpolizei sehen“ ließ und „man […] die Abwehr dieses Gesindels der Bahnhofspolizei“ überließ.
[17] Aschaffenburger Volksblatt, 4. Juli 1959.
[18] Aschaffenburger Zeitung, 11./12. Januar 1936, S. 3.
[19] Ebd.
[20] Aschaffenburger Zeitung, 11./12. Januar 1936, S. 3.
[21] Eugen Henke wurde um 1890 in Wuppertal-Elberfeld geboren, studierte ab 1910 in München Bildhauerei und nahm als Infanterist am Ersten Weltkrieg teil. Er war als Zeichner für die Zeitschriften „Jugend“ und „Fliegende Blätter“ tätig. Seine bekanntesten Werke als Bildhauer sind das „Abschiednehmende Paar“ an der Urnenhalle des Münchner Ostfriedhofs und „Sterbender Krieger“ des Detmolder Ehrenhains; siehe: VOLLMER, Hans (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, Bd. 2, Leipzig 1955, S. 418; RUPPERT, Andreas: Kriegerdenkmäler in Detmold, in: Rosenland. Zeitschrift für lippische Geschichte, Nr. 2, Oktober 2005, S. 10ff.; HENKE, Eugen: Der Bildhauer Eugen Henke über sich selbst, in: ALVERDES, Paul (Hrsg.): Das Innere Reich. Zeitschrift für Dichtung, Kunst und deutsches Leben, März 1941, S. 676ff.
[22] Ferdinand Keilmann jun. wurde am 24. Juli 1907 in Würzburg geboren und lebte ab 1915 in Aschaffenburg. Durch eine Rachitis – ausgelöst durch Mangelernährung im Ersten Weltkrieg – war er von Kind an schwerhörig und konnte so eine Ausbildung zum Pianisten nicht absolvieren. Er studierte nach einer Tischlerlehre ab 1925 in Offenbach Architektur bei Hugo Eberhardt und arbeitete im Jahr 1928 im Atelier von Otto Leitolf; in dieser Zeit war er unter anderem für die Innengestaltung des Säuglingsheims in Würzburg zuständig. Von 1930 bis 1933 studierte er in Weimar unter Ernst Neufert und Paul Schultze-Naumburg und war von 1933 bis 1936 zunächst als Volontär und später mit stundenweiser Entlohnung im Aschaffenburger Stadtbauamt beschäftigt. In diesen drei Jahren engagierte er sich als Ortsgruppenamtsleiter und Pressewart in der NSDAP-Ortsgrupppe Aschaffenburg-West; siehe: KEILMANN, Arne: Der Architekt Ferdinand Keilmann im Systemwandel des 20. Jahrhunderts, unveröffentlichte Diplomarbeit, Bochum 2001. Ein Exemplar dieser Arbeit findet sich im Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchiv, der komplette Text auch unter www.architektur-geschichte.de.
[23] Aschaffenburger Zeitung, 8. Juli 1933, S. 3.
[24] Aschaffenburger Zeitung, 11./12. Januar 1936, S. 3.
[25] Ebd. Die Formulierung im genannten Artikel lässt den Schluss zu, dass die Diskussionen im Prüfungsausschuss kontrovers geführt wurden und einzelne Beteiligte mit der Entscheidung nicht einverstanden waren.
[26] Kurt Schmid-Ehmen wurde am 23. Oktober 1901 in Torgau an der Elbe geboren. Er studierte zwischen 1918 und 1931 Bildhauerei in Leipzig und München und absolvierte zwischenzeitlich eine Ausbildung zum Steinmetz und Steinbildhauer in Weimar. Bereits vor seinem dreißigsten Lebensjahr konnte er eine Reihe Ankäufe und Preise realisieren und avancierte durch seine zahlreichen Beauftragungen zur Gestaltung von Reichssymbolen zu einem der wichtigsten Bildhauer in der Zeit des Dritten Reiches. Nach 1945 bestritt er seinen Unterhalt durch die Gestaltung von Grabmalen und sakralen Arbeiten, während seine Werke keinen Eingang mehr in öffentliche Museen und Sammlungen fanden. Schmid-Ehmen starb am 15. Juli 1968 in Starnberg; siehe: www.schmid-ehmen.com/Leben.html sowie: www.meaus.com/94-schmid-ehmen.htm.
[27] www.schmid-ehmen.com/Leben.html.
[28] Hitler nutzte diesen 300m² großen Raum so gut wie nie als Arbeitszimmer. Insgesamt war die Neue Reichskanzlei viel mehr eine architektonische Inszenierung als ein funktionales Gebäude.
[29] Auch im Inneren der Neuen Reichskanzlei war Schmid-Ehmen vertreten; beispielsweise mit Bronze-Emblemen über den Türen zu Hitlers Arbeitszimmer; siehe SPEER, Albert (Hrsg.): Die neue Reichskanzlei, München, o.J.
[30] www.meaus.com/94-schmid-ehmen.htm; Abbildungen der von Schmid-Ehmen gestalteten Reichssymbole finden unter anderem in: SPEER, Albert: Neue Deutsche Baukunst, Berlin 1941; SPEER, Albert: Die neue Reichskanzlei, a.a.O.; häufige Erwähnung mit Beschreibung der einzelnen baulichen Objekte in: Weihsmann, Helmut: Bauen unterm Hakenkreuz. Architektur de Untergangs, Wien 1998.
[31] Nachlass Kurt Schmid-Ehmen, Staatsministerium des Innern an den Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg, 22. Februar 1936.
[32] Ebd.
[33] Nachlass Kurt Schmid-Ehmen, Der Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg an das Staatsministerium des Innern, 3. März 1936.
[34] Ebd.
[35] Ebd.
[36] hier und im Folgenden: Aschaffenburger Zeitung, 16./17. Mai 1936, S. 6.
[37] Ob der Reichsadler von Gentil oder Schmid-Ehmen ausgeführt wurde, ist heute nicht mehr feststellbar.
[38] Aschaffenburger Zeitung, 16./17. Mai 1936, S. 6.
[39] Ebd.
[40] Aschaffenburger Zeitung, 30./31. Mai 1936, S. 3.
[41] Aschaffenburger Zeitung, 2. Juni 1936, S. 4.
[42] Aschaffenburger Zeitung, 30./31. Mai 1936, S. 3; unter den Augen der politischen Leiter formierten sich die geladenen Gästen, die direkt am Ehrenmal und auf der angrenzenden Würzburger Straße Aufstellung nehmen durften: Angehörige der Gefallenen und Schwerbeschädigte, Wehrmacht, Arbeitsdienst, NSDAP, Reichskriegerbund, Soldatenbund und in zentraler Position sämtliche Bataillone der Jäger.
[43] Aschaffenburger Zeitung, 30./31. Mai 1936, S. 3.
[44] Aschaffenburger Zeitung, 2. Juni 1936, S. 4.
[45] NSKOB: Nationalsozialistischer Kriegsopferbund.
[46] Aschaffenburger Zeitung, 2. Juni 1936, S. 4.
[47] Aschaffenburger Zeitung, 30./31. Mai 1936, S. 3. Das Programm des Tages spricht für 12 Uhr von „Mittagstisch nach freier Wahl“.
[48] Aschaffenburger Zeitung, 2. Juni 1936, S. 4. Schmid-Ehmen wird, falls er den Artikel gelesen hat, ob der falschen Schreibweise seines Namens nicht begeistert gewesen sein.
[49] Aschaffenburger Zeitung, 9. November 1937; das abgedruckte Foto zeigt Kreisleiter Wohlgemuth zusammen mit dem Standortältesten Oberst Schellert bei einer nächtlichen Kranzniederlegung.
[50] Aschaffenburger Zeitung, 14. März 1938.
[51] Im Gegensatz zu Eugen Henke, der für Detmold eine Soldatenfigur geschaffen hat, bestand bei Otto Gentil wohl keine stärkeres Interesse, die Fertigstellung der Figuren voranzutreiben.
[52] Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg; Mitteilungen des Stadtrates Aschaffenburg Nr. 99, 26. April 1947.
[53] Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg; Mitteilungen des Stadtrates Aschaffenburg Nr. 103, 24. Mai 1947.
[54] Da in den ersten Monaten nach dem Krieg ausschließlich vom „Military Government Aschaffenburg“ autorisierte Zeitungen und Mitteilungsblätter erschienen und die Demontage des Ehrenmals augenscheinlich nicht zu den mitteilungswürdigen Informationen gehörte, liegt das genaue Datum im Dunkeln.
[55] Main-Echo, 14. Juni 1949.
[56] Main-Echo, 6. Mai 1950.
[57] Main-Echo, 18. Januar 1951.
[58] Aschaffenburger Volksblatt, 6. Mai 1955. Der Artikel mit dem Titel „Entnazifiziert“ polemisierte über die Geschichte der „Partei-Treppe“, die zwar nach Goebbels benannt worden sei, obwohl dieser nie auf ihr gestanden habe. Da sich die Bevölkerung nach dem Abriss über den fehlenden Zugang zum Schöntal von der Würzburger Straße beschwerte, wurde die noch heute vorhandene, um ca. 150m nach links versetzte Treppe errichtet.
[59] Main-Echo, 18. Januar 1951.
[60] Nach Aussage des Restaurators im Stadtmuseum, Herrn Martin Höpfner, sollen sich die Fundamente des Ehrenmals noch heute am angestammten Platz befinden.
[61] Main-Echo, 23. Mai 1951.
[62] Ebd.
[63] Aschaffenburger Volksblatt, 4. Juli 1959. Der Artikel zitiert Otto Gentil, der „mit einem leisen Lächeln“ erzählt habe, dass „jedoch die untere Konsole verkehrt eingesetzt“ sei.
[64] Main-Echo, 23. August 1960; Main-Echo Nr. 268, 21. November 1975; die Inschrift von 1925 wurde zwischenzeitlich wieder demontiert.
[65] Main-Echo, 21. November 1975.
[66] Aschaffenburger Volksblatt, 15. November 1976.
[67] Ebd.
[68] KEILMANN; a.a.O., S. 71ff.
[69] Herbert Rimpl gehörte im Baustab Speer zu den Architekten mit den weitest reichenden Aufgaben; er beschäftigte teilweise bis zu 700 Architekten an verschiedenen Standorten und leitete damit das größte Architekturbüro der Baugeschichte. Neben der Durchführung von Umgestaltungsplänen für Berlin plante er die Stadt Salzgitter, Teile des „Mittelwerk Dora“ und war der Haus- und Hofarchitekt der Heinkel-Flugzeugwerke, für die er die Produktionsstätten in Oranienburg und Rostock errichtete. Nach dem Zweiten Weltkrieg plante er unter anderem das Bundeskriminalamt, Wohnungsbauten für das Postministerium sowie die Fachhochschule Darmstadt-Dieburg; Literatur siehe: KEILMANN, a.a.O.; DURTH, Werner: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900-1970, München 1992.
[70] „Ley-Laube“ nach Robert Ley, der neben seinen Funktionen als Reichsorganisationsleiter der NSDAP und Leiter der Deutschen Arbeitsfront von Hitler zum Reichswohnungskommissar ernannt worden war. In dieser Funktion war er ab Ende 1943 „Beauftragter für das Deutsche Wohnungshilfswerk“, mit dem für Millionen von Bombengeschädigten auf einfachste Art eine Unterkunft geschaffen werden sollte.
[71] Aschaffenburger Volksblatt, 4. Juli 1959.
[72] Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Zeitungsausschnittsammlung: Otto Gentil in Lebensdaten, o.J., o.O.
[73] POLLNICK, Carsten: Leidenschaftliches Streben nach der klassischen Form. Vor 110 Jahren wurde der Bildhauer und Maler Otto Rudolph Gentil in Aschaffenburg geboren, in: Main-Echo, 7. August 2002.
[74] Aus einem Gespräch des Autors mit dem Restaurator des Stadtmuseums, Herrn Martin Höpfner.
[75] Aschaffenburger Volksblatt, 28. Mai 1955. Der Vorwurf, die Namensplatten seien für die Terrasse im Stadtbad verwendet worden, war in einem anonymen Schreiben erhoben worden. Der unterzeichnende „alte Gediente“ irrte sich mit seinem Vorwurf. Das Gerücht, die Platten lägen im Schwimmbad, hält sich als moderner Mythos allerdings bis heute.

"Jene, die nichts aus der Geschichte lernen, sind verdammt, sie zu wiederholen"
George Santayana (1863 - 1952)